Haben Sie sich jemals gefragt, warum Sportler nur sehr selten ein Elite-Niveau erreichen?
In England schaffen es beispielsweise lediglich 0,012% der fußballtreibenden Kinder in die höchste englische Fußball-Liga. Ähnlich sind die Zahlen im deutschsprachigen Raum.
Talentierte vs. Hart-Arbeitende Sportler
Hierzu gibt es zwei Erklärungsansätze in der Wissenschaft.
Der eine ist, dass Elitesportler „geboren“ werden. Man spricht auch von einem Talent.
Hierzu ist ein hohes Maß an systematischem Training erforderlich, um ein Eliteniveau zu erreichen. Jede Person hat aber eine angeborene Leistungsgrenze, die, egal wie viele Stunden man übt, nicht überschreiten wird. Ein Talent hat in dieser Situation mehr Leistungsspielraum nach oben.
Der andere Ansatz ist, dass Elitesportler „gemacht“ werden, sprich, dass so etwas wie Talent nicht existiert und die sportlichen Leistungen allein von den Trainingsstunden selbst abhängig sind.
Hier muss aber unterschieden werden, ob das Training zielführend ist oder man ständig Bewegungsabläufe ausführt, die man sowieso schon beherrscht.
Auf diese „hart“ arbeitenden Sportlern würde die allgegenwärtige 10.000-Stunden-Regel von Ericsson Anwendung finden, die jeder Trainer bereits einmal gehört hat.
Die 10.000-Stunden-Regel
Ericsson et al. haben 1993 in ihrer Studie herausgefunden, dass ein Elitemusiker im Alter von 20 Jahren im Durchschnitt 10.000 Stunden systematisch übt, um sein Niveau zu erreichen. Die „guten“ Violinisten spielten in diesem Alter lediglich 7,800 Stunden und die weniger guten lediglich 4,600 Stunden. Daraus haben Ericsson et al. den Schluss gezogen, dass die Anzahl der Übungsstunden im höchsten Maß über das Resultat der Leistung entscheidet.
Welche Probleme werden durch die 10.000 Stunden Regel im Kindersport gefördert?
Es ist allseits bekannt, dass eine frühzeitige Spezialisierung im Sport zu vielen Problemen führen kann. Zum einen möchten Eltern und Trainer die Kinder sehr bald auf eine einzige Sportart spezialisieren. Das kann Kindern den Spaß am Sport nehmen. Ihnen entgeht die Chance eine andere Sportart zu finden, die sie mögen würden.
Zum anderen gilt der Fakt, dass viele Elite-Sportler mehrere Sportarten in ihrer Kindheit ausgeübt haben und sich erst in der Pubertät spezialisiert haben.
Von welchen Faktoren hängen nun Höchstleistungen ab?
Es sind viele Faktoren, die sich immer stark gegenseitig beeinflussen. Durch unsere Recherche haben wir folgende identifiziert:
Das Umfeld
Niveau der Mitspieler / Trainingspartner
Trainiert man immer mit Sportlern zusammen, die ein sehr hohes Leistungsniveau haben, passt sich das eigene System ziemlich schnell an dieses Niveau an. Ist allerdings der Niveauunterschied viel zu groß, kann es auch demotivierend wirken. Ist das Leistungsniveau der Mitspieler/Trainingspartner eher gering, hat man schlechtere Karten sich weiter zu entwickeln, da sich der Körper nur auf Reize anpasst, die ihn herausfordern und nicht unterfordern.
Trainer
Hat ein Sportler das Glück einen Trainer zu haben, der möglichst viele Fähigkeiten des Sportlers fördert, hat er bessere Chancen ein Eliteniveau zu erreichen. Das Training wird systematisch durchgeführt und baut auf die sportliche Entwicklung des Kindes auf.
Soziale Umgebung
Menschen um sich zu haben, die einem wichtig sind, stärkt das Selbstbewusstsein und die Stressbewältigung. Ein gutes Verhältnis zu Familie und Freunden ist unabdingbar.
Vielfältigkeit in der Kindheit
Sportler, die möglichst viele Sportarten ausüben, haben häufig eine sehr gute Basisausbildung. Frühzeitige Spezialisierung hingegen kann zu muskulären Dysbalancen und gesundheitlichen Problemen führen.
Individuelle Voraussetzungen
Motivation
Ein hohes Maß an Motivation führt dazu, dass Sportler viele unterschiedliche Bewegungsformen ausprobieren und stets ihr Bestes geben, um besser zu werden (Infos zur Motivation finden Sie hier).
Psychologie
Es gibt viele persönliche Eigenschaften, die Höchstleistungen fördern oder verhindern. Es gibt beispielsweise Kinder, die eine sehr schwache Konzentrationsfähigkeit haben – das kann sie daran hindern, die Informationen des Trainers zu verarbeiten.
Körperliche Voraussetzungen
Ein Kind, dessen Eltern unter 1,60m groß sind, wird es schwieriger haben ein Eliteniveau im Basketball zu erreichen.
Koordinative Voraussetzungen
Hier gibt es individuelle Unterschiede, wie Sportler Informationen aufnehmen, verarbeiten und wiedergeben. Ein begabtes Kind nimmt beispielsweise beim Zusehen mehr Informationen wahr, verarbeitet und gibt sie besser wieder, als ein weniger begabtes Kind.
Trainingsstunden
Die Übungsstunden eines systematischen Trainings in einer bestimmten Sportart hat einen Einfluss von 18% auf das Erreichen eines Eliteniveaus in einer Sportart. 18% ist zwar insgesamt nicht sehr viel, aber dieser Punkt ist offensichtlich unausweichlich.
Kinder, die eine einzige Sportart 1x pro Woche ausüben, werden im Alter von 20 Jahren voraussichtlich nicht einmal 1.000 Trainingsstunden erreichen, was deutlich zu wenig ist, um ein Eliteniveau zu erreichen.
Glück
Geburtsmonat
Auch so etwas banales wie der Geburtsmonat des Sportlers kann Einfluss auf seine Leistung haben, siehe hier.
Gesundheit
Jeder Sportler hat sich schon einmal beim Sport verletzt. Erleidet man schwerwiegende Verletzungen, kann das einen Sportler die Karriere kosten.
Scouting
Es ist ungewiss, ob man überhaupt jemals von einem Scout oder einem Trainer z.B. eines Nachwuchsleistungszentrums gesehen wird. Wenn dies nicht passiert, entgehen dem Sportler Möglichkeiten, wie von professionellen Trainern gecoacht zu werden oder mit starken Mitspielern/Trainingspartnern zu trainieren.
Wohnort
Aufgrund von mangelnder sportlicher Infrastruktur erschwert einem der Wohnort, an den die Familie gebunden ist, erfolgreich im Sport zu sein.
10.000 Stunden Training ist also keine Garantie, um ein Eliteniveau in seinem Sport zu erreichen. Vielmehr hängt es von der Kombination mehrerer Faktoren, die oben genannt wurden, ab.
Kann man als Elternteil oder Trainer diese Faktoren für sein Kind gewährleisten? Teils ja – Es gibt schließlich einen nicht immer genetischen Grund warum Sportler von Eltern, die selbst Elitesportler waren, häufiger im Sport erfolgreich sind.
Und teils nein, weil, wie oben genannt, es Erfolgsfaktoren gibt, die man nicht beeinflussen kann.
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